Ich selbst sehe mich als Internet-Affinen Menchen, war schon online, als es noch gar keine WWW gegeben hat (und fand die zeit von usnet, ftp, gopher und irc fast cooler), aber ich bleibe meiner Meinung, das der Playboy nicht zur 1.000.001 weiteren online internet-seite für erotische bilder werden soll, sondern sich als DAS Hochglanz-Magazin positionieren muss, sonst wird er einfach untergehen ...
Der Playboy soll gerade
nicht die 1.000.001 weitere Internetseite für erotische Fotografie werden - playboyplus.com ist, wie ich oben schon schrieb, ja nichts anderes als das, und eben das kritisiere ich als konzeptionell vollkommen unzureichend - sondern ein Hochglanzmedium in zeitgemäßer technischer Form.
Ich bin 41 und für eine Angehörige meiner Generation im Zweifel eher unterdurchschnittlich technologieaffin, aber trotzdem warte ich nicht mehr einen Monat darauf, mir am Kiosk eine neue Ausgabe eines gedruckten Heftes kaufen zu können:
Meine Neuigkeiten, ob nun aus Politik, Wirtschaft, Sport oder eben neue erotische Fotos beziehe ich aus dem Netz, und frage ich dort mehrmals täglich ab - von zuhause oder unterwegs, auf dem Laptop, Smartphone oder Tablet. Was früher die wöchentliche oder monatliche gedruckte Ausgabe einer Zeitschrift war, das sind heute je nachdem mehrmals wöchentliche, tägliche oder sogar mehrmals tägliche kleine Updates von Nachrichtenseiten, Blogstreams, Videokanälen usw.
Ja, natürlich war es früher schön, sich allmonatlich auf die neue Ausgabe des Playboys zu freuen, und bis es soweit war, die jeweils aktuelle Aufgabe immer wieder durchzublättern, dabei vielleicht sein Interesse an und Begeisterung für Inhalte oder Fotos zu entdecken, die man ursprünglich nicht sonderlich beachtet hatte - aber das Wesen der Vergangenheit ist es nun einmal. dass sie eben vergangen ist, und auch nicht wiederkommt.
Hausgemachtes Problem Nr. 1 des deutschen Playboys ist, dass über alle Wechsel von Verlagen und Chefredakteuren, Veränderungen von Formaten und Layouts, großspurig verkündeten Relaunches als künftig "künstlerische" Zeitschrift und klammheimlichen Wiederverabschieden davon ein paar Hefte später hinweg das Online-Angebot zwar mehrfach umbenannt und immer beschissener zu bedienen gemacht, sonst aber in den letzten mehr als 20 Jahren in keiner Weise weiterentwickelt wurde:
Es ist ein liebloser, uninspirierter Abladeort für ein paar Bonusbildchen und Videoschnipsel, und sonst nichts. Um die Jahrtausendwende herum war so was sicherlich ein netter Gag. In den 2020er Jahren ist es ein beeindruckender Beweis dafür, welche Strahlkraft die Marke
"Playboy" in längst vergangenen Jahrzehnten aufgeladen hat, dass sie trotz dieser stumpfen Ignoranz gegenüber jedem modernen Mediennutzungsverhalten immer noch davon zehren, und sich einigermaßen über Wasser halten kann.
Und es spricht Bände, dass das Erfolgsgeheimnis der Marke
"Playboy" den wechselnden Verantwortlichen für diese in den USA wie in Deutschland in den letzten gut 20 Jahren offensichtlich nicht klar (gewesen) zu sein scheint:
Denn natürlich wurde und wird der Playboy von der großen Mehrheit seiner Leser nicht gekauft, um wahlweise die handwerkliche Machart der Fotos zu bestaunen, oder spirituell über deren künstlerische Aussage zu meditieren - sondern um erotische Fantasien mit den gezeigten Modellen darin zu entwickeln und zu genießen. Oder, unverblümt gesagt: als Masturbationsvorlage.
An solchen bestand auf dem Zeitschriftenmarkt spätestens seit ca. 1970 eigentlich überhaupt kein Mangel mehr, im Gegenteil, es existierte eine unüberschaubare Vielfalt an Heftchen, die allesamt erstens preiswerter waren als der Playboy, zweitens öfter erschienen, sprich in schnellerer Folge neues Material lieferten, sich drittens nicht mit Artikeln zu Lifestylethemen und Interviews zur Weltsicht prominenter Männer aufhielten, sondern quantitativ mehr nackte Frauen boten, und dabei viertens durch ihre ganze Machart, von Posen - wenngleich jedenfalls in offen im Zeitschriftenregal ausliegenden Magazinen letztlich auch nicht mehr zu sehen war als die Schambehaarung der Modelle - bis hin zu die Fotos kommentierenden Texten auch qualitativ expliziter waren.
Was den Playboy - neben der hochwertigen handwerklichen Machart seiner Fotos, seinem Hochglanzpapier, seiner monatlichen Erscheinungsweise und seinem saftigen Preis - so fundamental anders gemacht als all diese Blätter, hat
@JackEJ treffend zusammengefasst:
"Playboy zieht Frauen aus, die das sonst nirgendwo tun würden. Das gilt für die Coverstars genauso wie für normale Mädchen [...] Viele Leute (mich eingeschlossen) suchen da eben nicht in erster Linie IRGENDEINE nackte Frau, sondern eine greifbare Frau, mit Namen, mit authentischem Interview, ohne ähnliche Bilder an Dutzenden Stellen im Netz und mit Eigenleben auch außerhalb der Erotikbranche."
Das hat in dieser, sage ich mal, "reinen" Form früher keine andere Zeitschrift jemals konsequent und ausdauernd nachgemacht. Und das bietet so heute auch keine einzige andere Internetseite!
Das Internet ist seit seinen Kindertagen voller billiger, hässlicher, ramschiger und in vielen Fällen abzockerischer Pornoseiten.
Daneben gibt es auch einen Markt seriöser Anbieter ästhetischer und geschmackvoller Hochglanzerotik, wie MetArt mit all seinen Ablegern, FEMJOY, Hegre, Body in Mind u. a.
Die Macher letzterer Seiten haben sich bei der handwerklichen Machart ihrer Fotos zwar erkennbar am praktisch sprichwörtlich gewordenen
"Playboy-Stil" orientiert, und diesen insbesondere hinsichtlich der Darstellung der primären weiblichen Geschlechtsmerkmale mit der Zeit weiterentwickelt. Und vor allem von ihrer konsequenten Auswahl natürlicher Modelle werden die Seiten sicherlich in dem Maße profitiert haben, in dem vor allem der US-, phasenweise aber z. B. auch der deutsche Playboy mehr und mehr auf Silikon, Tattoos u. ä. gesetzt hat.
Aber zur Marke
"Playboy" gehörte eben immer noch mehr, wie schon von
@JackEJ beschrieben, und das bieten auch all diese Seiten nicht: Nämlich diese besondere Beziehung zwischen Betrachter und Modell.
Im Wesentlichen lassen sich die Glamourmodels auf den einschlägige Internetseiten in zwei Kategorien einteilen:
Einmal Erotikstars bzw. junge Frauen, die solche werden wollen, die dementsprechend auch für Hardcore- sowie teilweise Fetisch-Produktionen arbeiten, und um ihre Fanbasis aufzubauen, zu erweitern und zu pflegen sehr präsent und aktiv in den sozialen Netzwerken sind. Letzteres macht sie für den Betrachter ihrer Fotos und Videos zwar einerseits sogar ein Stück weit erreichbar, indem man ihnen selbst in Kontakt treten, Liebeserklärungen abgeben, Fragen stellen, sich Inhalte wünschen usw. kann - aber letztlich bewegen sie sich, eben als professionelle Erotikmodels/-darstellerinnen doch in einer ganz anderen Lebenswelt.
Die andere, zahlenmäßig größere Gruppe sind im Prinzip normale junge Frauen in erster Linie aus Ostmittel- und Osteuropa - manche sicherlich mit schon Erfahrung als Fashion-Models, andere aber auch nicht - die die Fotos machen, um sich etwas dazuzuverdienen, ihre Ausbildung zu finanzieren, ihre Familien zu unterstützen o. ä. Obwohl sie Leben führen, die denen der Betrachter nicht unähnlich sind, blieben sie diesen gegenüber typischerweise dennoch völlig anonym, man erfährt nicht einmal ihre realen Namen, während Herkunfts- und Altersangaben auf den entsprechenden Seiten oftmals nicht stimmen bzw. einander zumindest widersprechen.
Der Playboy bietet demgegenüber zwei ganze andere Gruppen von Frauen:
Auf der einen Seite natürlich Prominente, deren Fotostrecken zwar entgegen verbreitetem Glauben nicht sein Rückgrat, aber doch so was wie sein Aushängeschild sind. Der Leser kennt sie bereits, sage ich mal so summarisch, "aus dem Fernsehen", und hat sicherlich in vielen Fällen schon einmal darüber fantasiert, wie sie wohl nackt aussehen?
Und auf der anderen Seite eben Playmates. Attraktive junge Frauen, die sich im Playboy nicht einfach nur nackt zeigen, sondern dabei auch ihren Vor- und Nachnamen angeben, ihren Wohnort, ihren Beruf, ihre Hobbys usw. Sie repräsentieren quasi das sprichwörtliche
"hübsche Mädchen von nebenan": Die sexy Nachbarin oder Arbeitskollegin (Kommilitonin, Mitschülerin), die süße Kassiererin im Supermarkt oder Kellnerin im Café, die schöne Unbekannte in der S-Bahn - mehr noch, sie könnten genau diese Frauen sein, bzw. für manche Leser sind sie tatsächlich und real eben diesen Frauen!
Anstatt jeden Monat Hauptsache irgendeine Trash-TV-Liesel aufs Cover zu hieven, selbst wenn RTL ihre Gage übernimmt, sollte lieber in die Herstellung guten Playmate-Contents investiert werden, wozu gerade das Internet zahllose Möglichkeiten bietet:
Zum Beispiel regelmäßige Playmate-Castings mit Fotos, Making Of-, Interview- und Posingvideos, die Mitglieder des Premiumbereichs der Playboy-Internetseite können ihre Favoritinnen weiterwählen, die dann ein Shooting mit reduziertem Aufwand, so wie die früheren "Cybergirls" bekommen (wiederum mit o. g. Videos), wieder wird gewählt, und die Siegerin wird schließlich Playmate, mit entsprechend aufwändigem Shoot.
Man kann Playmates zuhause besuchen und shooten, Playmates nach ein paar Jahren noch mal shooten, jeweils zwei oder maximal drei Playmates zusammen shooten, Playmates dazu einspannen, eine Freundin zu einem gemeinsamen Shoot mitzubringen ...
Und Playmates müssen sich ja auch nicht immer nur ausziehen: Man kann Playmates auch, begleitet mit einer Videokamera, durch ihre Heimatstadt laufen, und dabei erklären und erzählen lassen. Man kann Playmates gemeinsam Partyspielen spielen, zu ihren Lieblingssongs tanzen, Karaoke singen oder Blödsinn machen lassen, und sie dabei filmen. Man kann sie in Audiopodcasts Gedichte oder Gutenachtgeschichten vorlesen lassen. Und, und, und!
So gut wie alles davon kommt ohne aufwändige Produktion aus, und kann von festangestellten Fotografen, Mediendesignern usw. umgesetzt werden. Außerdem entfallen im Internet Material, Druck, Transport, Händlermargen und Retouren.
Bis zu einem gewissen Punkt würden es auch viele Modelle für Spesen und Dankeschöns machen, wie z. B. eine Urkunde, ein Badge für ihre Profile in sozialen Netzwerken und ein T-Shirt, alles jeweils mit Playboy-Logo, ihrem Namen und einem entsprechenden Titel wie:
"Echtes Playboy-Model", "Geprüfte Playmate-Kandidatin" o. ä.
Man stelle sich nur einmal vor, überall in Deutschland ereigneten sich Begebenheiten, wie dass zum Beispiel die fesche Zahnarzthelferin, deretwegen alle Jungs im Ort ständig im Zahnschmerzen haben, sich auf der Kirmes oder dem Schützenfest plötzlich in so einem T-Shirt sehen lässt, und dann spricht sich herum, dass sie wirklich für den Playboy gecastet wurde, es Bilder und Videos davon im Premiumbereich der Playboy-Internetseite gibt, und sie dort tatsächlich völlig nackt ist und "alles" - meint Brüste, Hintern und Schamlippen - zeigt!
So was ist nicht nur tausendmal bessere Werbung als noch so viele von Frauke Ludowig anmoderierte 90-Sekünder über den Playboy-Shoot irgendeiner Teilnehmerin am RTL-
"Baumhaus der Lernbehinderten", es ist auch konzeptionell etwas völlig anderes als die 1.000.001 weitere Internetseite für erotische Fotografie.
Natürlich sollte es neben all diesen Dingen auch weiterhin Prominente im Playboy geben, aber bitte bitte mit einem gewissen Mindestmaß an Professionalität und Niveau! Schauspielrollen in Vorabendkrimis oder in einer Seifenoper oder so was reichen ja schon, oder selbst die Teilnahme an einer Castingshow, sofern dort einigermaßen Talent, Intelligenz und Sozialverhalten gezeigt wurde.
Und ebenso spricht nichts gegen ein gedrucktes Heft, wenn auch vielleicht nicht mehr jeden Monat, sondern nur noch alle zwei oder drei Monate, und eben auch nicht mehr an jedem Kiosk, sondern nur noch im Abonnement, in gut sortierten Bahnhofsbuchhandlungen oder auf Bestellung.
Aber einfach weil es so schön Vintage ist jeden Monat ein gedrucktes Heft in den Handel bringen, aus Geldnot mit einer von RTL gesponserten Trash-TV-Liesel auf dem Cover, und zum Nachdruck lizenzierten Fotos eines ausländischen professionellen Nacktmodells als Playmate, kann weder konzeptionell noch wirtschaftlich die Zukunft sein.