Trauer: Altbundespräsident Horst Köhler ist tot

SteveJ

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Sechs Jahre lang steht Horst Köhler an der Spitze des deutschen Staates. Jetzt ist der frühere Bundespräsident mit 81 Jahren gestorben. :(
Er starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte.

Mit Köhler übernahm erstmals kein Parteipolitiker das höchste Amt im Staat.
Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hatte 1976 eine Beamtenlaufbahn im Bundeswirtschaftsministerium begonnen und wurde 1990 nach verschiedenen anderen Stationen Staatssekretär im damals von Theo Waigel (CSU) geführten Bundesfinanzministerium.
Köhler war unter anderem deutscher Chefunterhändler für den Maastricht-Vertrag über die Europäische Währungsunion.

1993 wechselte er in die Finanzwelt, zunächst als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, dann als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London.
2000 wurde er Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF).

2004 wurde Köhler als Nachfolger von Johannes Rau neunter Bundespräsident.
In seiner Antrittsrede 2004 warb er für ein Verständnis von Deutschland als "Land der Ideen", das einig und selbstbewusst die eigene Zukunft gestalten und in der Welt als Kraft zum Guten wirken möge.
Zu seinen zentralen innenpolitischen Themen gehörte die Beschäftigung mit der Frage, wie zukunftsfähige Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen und gesichert werden können.
2009 wählte ihn die Bundesversammlung erneut.
Sein Rücktritt mit sofortiger Wirkung nur ein Jahr später war einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik.

Auslöser war ein Interview im Deutschlandradio Kultur, das Köhler auf dem Rückflug nach einem Besuch deutscher Soldaten im afghanischen Masar-i-Scharif gegeben hatte.
Darin begründete er Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen.
Kritiker warfen ihm vor, er habe so auch den Afghanistan-Einsatz gerechtfertigt, was Köhler dementierte.
Er sah durch die Kritik sein Amt irreparabel beschädigt und zog die Konsequenzen.

"Außenpolitisch setzte sich Horst Köhler für eine faire, das Wohle aller Menschen im Blick habende, Globalisierung ein und warnte vor einem Finanzkapitalismus, der sich an keine Regeln gebunden weiß", heißt es in einer heutigen Mitteilung des Bundespräsidialamtes.
"Die Beschäftigung mit Afrika schien ihm nicht nur klug und vorausschauend, sondern auch ethisch geboten:
'Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas', sagte Horst Köhler zu seinem Amtsantritt."


Afrika war ein bestimmendes Thema in Köhlers Amtszeit. In den sechs Jahren hat er zwölf Länder des Kontinents besucht.
Anschließend leitete er 2016/2017 mit dem früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan eine Kommission der Afrikanischen Entwicklungsbank.
2017 ernannte ihn UN-Generalsekretär António Guterres zum Sonderbeauftragten für den Westsahara-Konflikt, ein Amt, das er knapp zwei Jahre später niederlegte.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Gestorbenen in einem Kondolenzschreiben an seine Witwe Eva Luise Köhler als "einen Glücksfall für unser Land“.
Er hob hervor: "Wir können nur zutiefst dankbar sein, dass wir Horst Köhler als neunten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland erleben durften. Er hat diesem Land viel gegeben.“

"Es waren vor allem seine Zugewandtheit, sein ansteckendes Lachen und sein Optimismus, es waren sein Glaube an die Stärke unseres Landes und an die Energie und die Kreativität seiner Menschen, die ihn so viele Herzen gewinnen ließen“
, schrieb Steinmeier.
"Es waren aber auch seine oft klaren und längst nicht immer bequemen Mahnungen und Ansprachen, die ihm Anerkennung brachten.“
Köhler habe sich "vielfach um unser Land verdient gemacht“.

Steinmeier hob Köhlers Eintreten für einen fairen Umgang mit Afrika hervor - "dem Kontinent, dem sein Herz gehörte und den er so gut kannte“.
Köhler sei zutiefst überzeugt gewesen, dass Europa seine kolonialen Denkmuster ablegen und die afrikanischen Länder als gleichberechtigte Partner behandeln müsse, um gemeinsam mit ihnen globale Herausforderungen anzupacken.
"Damit war er der Zeit weit voraus“, schrieb Steinmeier.

R.I.P. Horst Köhler 🕯️
 
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