Kein Zufall: Darum tragen Ärzte und Operationstechnische Assistenten im OP grüne oder blaue Kleidung

SteveJ

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Die meisten Medizinerinnen und Mediziner sowie das Pflegepersonal tragen während ihrer Arbeitszeit i.d.R. weiße Kleidung.
Eine Ausnahme stellen der OP und der Kreißsaal dar. Hier ist Grün oder Blau die vorherrschende Farbe.

Und das hat seinen Sinn:
Weiß könnte nämlich zu verschiedenen Problemen führen, während Grün und Blau die optimalen "Arbeitsfarben" darstellen. ;)

Dafür gibt es im Prinzip gleich drei verschiedene Gründe:
  1. Grüne Kleidung wirkt Nachbildeffekt entgegen

    Entscheidend für die Farbwahl im OP ist der sogenannte Nachbildeffekt, bei dem es sich um eine optische Täuschung handelt.

    Jeder kennt das Phänomen:
    Fixiert man ein Bild über längere Zeit und schaut anschließend auf eine helle Fläche, ist noch für mehrere Sekunden eine Art Abbild sichtbar – das sog. Nachbild. Nach kurzer Zeit schon wird der Effekt schwächer und das Nachbild verschwindet.

    Wie genau das Nachbild aussieht, hängt von den Farben des Originals ab. Beim Betrachten eines Schwarz-Weiß-Fotos erscheint das Nachbild als Negativ:
    Dunkle Flächen sind hell, helle Flächen sind dunkel. Bei farbigen Bildern oder Gegenständen erscheint das Nachbild hingegen in den Komplementärfarben.
    Zum Beispiel erscheinen dann gelbe Flächen im Nachbild blau und rote Flächen grün.

    Hier kommt der OP-Saal ins Spiel: Die Chirurgin oder der Chirurg muss sich unter Umständen sehr lange auf die blutig-rote Operationswunde konzentrieren.
    Wendet sie oder er den Blick ab, erscheint das Nachbild in der Komplementärfarbe Grün.
    Hätten alle Personen weiße Kleidung an, wäre das Nachbild sehr deutlich zu sehen. Grüne Kleidung hingegen schwächt den Effekt so sehr ab, dass er nicht oder kaum noch wahrgenommen wird – denn ein grünes Nachbild auf grüner Kleidung ist kaum noch sichtbar.
    Auch die Kacheln und das OP-Tuch sind daher nie weiß.

  2. Weiß ist anstrengend für die Augen

    Dass Weiß im OP-Saal nicht dominiert, hat einen weiteren Grund:
    Der Blick auf ein strahlendes Weiß kann auf Dauer schneller ermüden als auf ein gedämpftes Grün oder Blau.

    Wäre das komplette Team in Weiß gekleidet, kann das für die Augen anstrengend werden. Vor allem, wenn eine Operation über Stunden andauert...

  3. Bessere Organisation im Krankenhaus

    Nicht zuletzt hat die Farbwahl einen praktischen Nebeneffekt: Die Kleidung lässt sich besser einzelnen Abteilungen zuordnen.
    Das kann in der Wäscherei nützlich sein, wenn es darum geht, gereinigte Kittel und Hosen wieder zurückzugeben.
Quellen:
  • Drews, G., et al: "Wer weiß denn sowas?" Wilhelm-Heyne-Verlag, München 2019
  • Jahn, R., Nolten, A.: "Berufe machen Kleider: Dem Geheimnis berufsspezifischen Anziehens auf der Spur". Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2018
  • "Klinikbekleidung im Krankenhaus: Auf die Funktionalität kommt es an". Management & Krankenhaus, Online-Publikation (1.3.2017)
 
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