Zum 110. Geburtstag von Robert Lembke ("Was bin ich?")

SteveJ

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Robert Emil Lembke kommt am 17. September 1913 in München zur Welt.
In der Schwabinger Ungererstraße, unweit der heutigen Münchner Freiheit wächst er auf.
Die Familie seines Vaters betreibt dort das Herrenmodegeschäft Weichselbaum. Weichselbaum ist auch der Geburtsname von Robert.
Erst Jahre später sollte aus Robert Weichselbaum Robert Lembke werden...

Am anderen Ende der Ungererstraße, unweit des Neuen Israelitischen Friedhofes, fast schon in Freimann, befinden sich auf einem großen Areal damals acht Fußballplätze.
Hier kicken Ende der 1920er Jahre wöchentlich bis zu 500 Kinder und Jugendliche. Die Jugendabteilung des FC Bayern München.
Im Mai 1927 tritt dieser auch der 13-jährige Robert bei.
Zeit seines Lebens wird Robert dem FC Bayern treu bleiben, seine Verbundenheit zum Club und den Fußball anhalten.

1918 wird die Ehe seiner Eltern geschieden. Robert nimmt später den Mädchennamen seiner Mutter, Lembke, an.
Nach Beendigung seiner Schulzeit beginnt er 1931 ein Jurastudium, das er aber bald abbricht.
Er widmet sich zukünftig dem Journalismus, schreibt unter anderem für das "Berliner Tagblatt" und für die Münchner Satirezeitschrift "Simplicissimus".

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wird zukünftig auch das Leben von Robert Lemke stark beeinträchtigt.
Bereits zum 1. Januar 1934 tritt das sogenannte Schriftleitergesetz in Kraft, das der Pressefreiheit in Deutschland ein Ende setzt.
Lembke weigert sich eine "Loyalitätserklärung" zu unterschreiben, darf deshalb fortan, nach seinem vielversprechendem Berufseinstieg, nicht mehr als Journalist arbeiten.

"Bevor ich meine Seele verkaufe“, so wird er Jahrzehnte später zitiert, "und das Gegenteil von dem schreibe, was ich vorher geschrieben habe, bin ich zur Industrie gegangen.“

1935 scheidet er beim Berliner "Rudolf-Mosse-Verlag" aus.
Er verdingt sich zukünftig als technischer Angestellter bei der "IG Farben", wird dort unter anderem als Sachbearbeiter im Auslandsverkauf tätig sein.
Sein Vater flüchtet 1936, seiner jüdischen Herkunft wegen, aus seinem Heimatland nach Großbritannien.
Seit 1935 wird Robert, der damals perfiden deutschen Rechtsprechung wegen, als "jüdischer Mischling ersten Grades" eingestuft.
In den folgenden Jahren versuchten antisemitische Nazi-Funktionäre immer wieder, diese mit der Entrechtung von sogenannten "Volljuden" gleichzusetzen.
Auch der sogenannte "Halbjude" Robert Lembke, sieht sich in den Folgejahren ständig wachsenden Verfolgungsdruck ausgesetzt. 🙈

1935 heiratet er Mathilde Berthold, die er "Heidi" nannte. 1938 kommt eine Tochter, die spätere Buchautorin Ingrid Benedict, zur Welt.
In den frühen 1940er Jahren zieht die Mutter mit dem Töchterlein in den Münchner Vorort Fürholzen.
Sie kommen dort im landwirtschaftlichen Anwesen ihres Onkels unter. Robert Lembke wechselt, um eine Verhaftung durch die Gestapo zu umgehen, in diesen Zeiten öfters seinen Aufenthaltsort, bevor er sich im September 1944 auch nach Fürholzen begibt.
Glaubt man den späteren Berichten von dortigen Zeitzeugen, dauert es nicht lange, bis der Status "jüdischen Mischling ersten Grades" des 31-jährigen bekannt wird.
Die Bewohner des damaligen kleinen Dorfes jedoch, denunzieren ihn aber nicht.
Nach wie vor hätte Robert Lembke mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Ebenso die Fürholzener, die ihm Unterschlupf gewähren... 😔
Als am 25. April 1945 die Amerikaner anrücken, so ist überliefert, ist es Lembke, der den Panzern mit einer weißen Fahne entgegen geht und so das Dorf vor Schlimmeren bewahrt.

Als die Besatzer im Herbst 1945 in München die Herausgabe einer amerikanischen Zeitung für die deutsche Bevölkerung - "Die Neue Zeitung" - ins Leben rufen, gehören Erich Kästner, Stefan Heym und Robert Lembke zu den ersten Redakteuren.
Nach zehnjähriger Zwangspause im Nazi-Regime kann er endlich wieder seiner eigentlichen Berufung, dem Journalismus, nachgehen.

1949 schlägt Robert Lembke beruflich neue Wege ein. Der Bayerische Rundfunk wird im Januar offiziell ins Leben gerufen.
Mit Robert Lembke, für die nächsten Jahrzehnte in verschiedensten Funktionen, bis hin zum Chefredakteur und stellvertretenden Programmdirektor der ARD.
Er gehört zukünftig zu den bedeutendsten Akteuren und Machern der deutschen Medienlandschaft. (y)

Aber auch seine Liebe zum Fußball kann er weiterhin frönen:
Als Deutschland 1954 in der Schweiz die Weltmeisterschaft gewinnt, agiert er als Teamchef der ARD-Delegation.
Beim Finale in Bern sitzt er in der Rundfunkkabine neben Herbert Zimmermann bei dessen legendären Radioübertragung und assistiert diesem.
In den kommenden Jahren werden keine großen Sportereignisse ohne sein Zutun stattfinden.
Bei den Olympischen Spielen 1972 in München und der Fußballweltmeisterschaft 1974 trägt Robert Lembke als Regisseur Verantwortung für sämtliche Radio- und Fernsehübertragungen.

Bereits am 2. Januar 1955 moderiert er erstmals im Fernsehen das Berufsratespiel, das als "Was bin ich?" in den kommenden 34 Jahren auch ihn legendär werden lässt.
In diesen Zeiten hagelt es Auszeichnungen. Goldene Kameras, Bambi, Bayerischer Verdienstorden und das Bundesverdienstkreuz werden ihm überreicht.

Die Sendung am 29. August 1967 war die erste Farbsendung des Bayerischen Rundfunks. Sie wurde auf der IFA in Berlin mithilfe von Farbkameras des NDR hergestellt.
Einige nachfolgende Sendungen aus Unterföhring wurden dann wieder in Schwarzweiß hergestellt.

Einige der Mitglieder hier kennen vermutlich die Sendung haben sie vielleicht auch gesehen.
Es gab zwei Auflagen der Sendung:
  • Erste Auflage (2. Januar 1955 bis 21. März 1958, 29 Folgen)
    Die erste Folge hatte unter dem Titel Ja oder Nein. Ein psychologisches Extemporale mit sieben unbekannten Größen am 2. Januar 1955 ihre Premiere. Moderator war Robert Lembke, da sich kein anderer dafür gemeldet hatte.

    Dem ersten Rateteam gehörten an:
    • Hans Sachs, Oberstaatsanwalt in Nürnberg
    • Inge Sandtner (aus Österreich)
    • Anja Golz (aus der Schweiz)
    • Peter Mauch

    In der 80-minütigen Urform von Was bin ich? mussten sieben Berufe erraten werden.
    Erster Gast, dessen Beruf das Team herausfinden sollte, war Tilde Bublitz-Lindmayer, die einer Beschäftigung als Friseurin nachging.
    Erster Stargast war Vico Torriani.

  • Zweite Auflage (11. Februar 1961 bis 10. Januar 1989)
    Nach Ermüdungserscheinungen bei "Was bin ich?" präsentierte Lembke 1959 das Quiz "Spiel mit Worten".
    Solch ein Wechsel war zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich, auch Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff stellten alle zwei Jahre neue Shows vor.
    Die Zuschauer lehnten Lembkes neue Sendung aber ab, wodurch es ab Februar 1961 zu einer Neuauflage von "Was bin ich?" kam.

    Das neue Rateteam bestand aus:
    • Hans Sachs, Oberstaatsanwalt in Nürnberg
    • Annette von Aretin, TV-Ansagerin und Leiterin des Besetzungsbüros des BR
    • Guido Baumann, Unterhaltungschef des Schweizer Fernsehens
    • Marianne Koch, Schauspielerin und ab den 1970er Jahren Ärztin

    Ursprünglich war das Rateteam mit Peter Kottmann, dem ehemaligen Unterhaltungschef des WDR, besetzt, der nach seinem Suizid jedoch 1962 durch Baumann ersetzt wurde.
    Anneliese Fleyenschmidt, Fernsehansagerin und -moderatorin, wechselte sich von 1965 bis 1979 häufig mit Marianne Koch ab.
    Ingrid Wendl, österreichische Fernsehansagerin, war als Ersatz für Fleyenschmidt und Koch, Max Rüeger als Ersatz für Baumann an der Sendung beteiligt.

Seit 1961 war jede Sendung in vier Raterunden gegliedert:
In den ersten drei Runden mussten durch Ja-/Nein- bzw. Entscheidungsfragen die Berufe der drei Gäste erraten werden.
Zu Beginn jeder Runde stellte Robert Lembke seinem Gast in anheimelndem Bairisch die Standardfrage:
"Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?", nachdem dieser zuvor eine Unterschrift an einer Tafel geleistet, angekreuzt hatte, ob er selbständig oder angestellt war und eine für seinen Beruf typische – nicht allzu verräterische – Handbewegung gemacht hatte.

Jedes Mitglied im Rateteam durfte dann so lange eine Frage stellen, bis es ein "Nein" erhielt. Danach ging das Fragerecht an den Nächsten weiter.
Nach jedem "Nein" klappte Lembke per Hand das nächsthöhere Nummernschild nach vorn und warf ein Fünf-Mark-Stück in das Sparschwein.
Entweder war die Runde nach dem zehnten "Nein“ zu Ende oder der Beruf erraten worden.
Danach wurde der Beruf des jeweiligen Gastes meist mit einem eingespielten Film vorgestellt.
Robert Lembke nahm seit 1956 seinen Foxterrier "Struppi" als Maskottchen in die Sendung, der die Fünf-Mark-Stücke bewachen sollte.
Nach dessen Tod 1959 wurde der Hund "Jacky“ sein Nachfolger, der bis Dezember 1968 dabei war. Ab dieser Zeit nahm Lembke keinen Hund mehr ins Studio.

In der vierten Runde erschien der Stargast.
Damit dieser nicht von den Ratemitgliedern erkannt wurde, mussten sie sich die Augen verdeckende Masken aufsetzen und anschließend den Namen des Gastes nach demselben Ja/Nein-Schema erraten.
Um sich nicht durch die Stimme zu verraten, durfte der Gast nicht selbst antworten, sondern nur nicken oder den Kopf schütteln.
Robert Lembke antwortete für ihn, verriet dem Rateteam zuvor aber stets das Geschlecht des Stargastes.
Statt eines Fünf-Mark-Stückes gab es bei jeder Nein-Antwort ein kleines Geschenk, wie z. B. eine Flasche Wein.
Meistens wurde der Stargast erraten, oft vom "Ratefuchs" Guido Baumann.

Stargäste, waren damals u.a.:
Peter Alexander, Heintje, Heinz Erhardt, Fritz Wunderlich, Caterina Valente, Heinz Rühmann, Udo Jürgens, Anneliese Rothenberger, Christiane Hörbiger, Lilo Pulver, Blacky Fuchsberger, Eva Pflug, ....

1969 war das Quiz mit 75 % eingeschalteter Geräte die beliebteste Sendung im deutschen Fernsehen.
In den 1980er Jahren erreichte "Was bin ich?" immerhin noch bis zu 40 %.
Am 10. Januar 1989 moderiert er die 337. Folge von "Was bin ich?".
Laut einer Umfrage des "Stern" kennen ihn damals 96,5% aller Deutschen. :oops:
Als Moderator des heiteren Beruferatens. :)

"Für die Leute bin ich immer nur der ´Kasperl´ von ´Was bin ich?. Was ich wirklich gemacht habe, hat die nie interessiert“, gibt er damals in einem Interview zu Protokoll

Mit Hornbrille und schütterem Haar wirkte Robert Lembke wie ein netter Schuldirektor, ein Inbegriff von Seriosität und Zuverlässigkeit.
Privat aber hatte er ein Geheimnis, das niemand erfahren sollte.
Erst nach seinem Tod vor 30 Jahren kam alles ans Licht: Er betrog seine Frau mehr als 20 Jahre mit einer anderen …

Seine Tochter bestätigte, dass sich ihr Vater 1949 in das Hausmädchen Irmgard verliebt hatte. Irmgard war eingestellt, um seine Ehefrau "Heidi" zu entlasten.
Doch das Hausmädchen und seine spätere Sekretärin war jahrzehntelang die engste Vertraute und Geliebte von Robert Lembke, der sich in die ARD-Chef-Etage hochgearbeitet hatte.
Eine Scheidung kam für ihn nie infrage, denn seine Frau hatte stets zu ihm gehalten.
Dann der Schock: Heidi erkrankte an Darmkrebs. Und Robert Lembke versuchte, ihr so gut beizustehen, wie er konnte.
Doch auch seine Gesundheit war angeschlagen. Viel zu viel Arbeit, viel zu viele Zigaretten!

Vier Tage nach dieser 337. Folge von "Was bin ich?" überlebt Robert Lembke eine Operation am offenen Herzen nicht.
Er stirbt am 14. Januar 1989 in seiner Heimatstadt München... :(

Die Sendung wurde später mehrfach wiederbelebt:
  • "Heiter weiter" (Sat.1)
    Guido Baumann moderierte die Sendung 1990 mit dem alten Rateteam bei dem Privatsender Sat.1.
    Nach 26 Folgen wurde die Quizsendung eingestellt.

  • "Ja oder Nein" (Das Erste)
    Von 1990 bis 1993 führte der Bayerische Rundfunk die Sendung von Joachim Fuchsberger unter dem Titel "Ja oder Nein" mit 60 Folgen fort.
    Das Rateteam bestand aus Alice Schwarzer, Gerhard Konzelmann, Vera Russwurm, Emil Steinberger, Thomas Hegemann (ersetzte 1991 Steinberger) und Sepp Maier (ersetzte 1992 Konzelmann).

  • "Was bin ich?" (Kabel eins)
    Am 5. Oktober 2000 wurde die Show von kabel eins unter der Moderation von Björn-Hergen Schimpf wiederum neu aufgelegt.
    Das Rateteam bestand aus Herbert Feuerstein, Vera Int-Veen, Norbert Blüm und Tanja Schumann.
    Nach insgesamt zwölf produzierten Staffeln wurde die Sendung Anfang 2005 eingestellt.

  • "Wer bin ich und was mach ich eigentlich hier?" (ProSieben)
    In seiner Sendung "TV tota"l versuchte Stefan Raab in Anlehnung an "Was bin ich?" durch Ja-Nein-Fragen einen Mitarbeiter zu erraten, dessen Arbeit anschließend vorgestellt wurde.
    Elton leitete durch das Ratespiel, bei dem der Mitarbeiter bis zu zehn Fünf-Mark-Stücke gewinnen konnte.

  • "Kaum zu glauben!" (NDR)
    Seit Juli 2014 im wird NDR Fernsehen "Kaum zu glauben!" ausgestrahlt.
    In der von Kai Pflaume moderierten Show muss ein vierköpfiges Rateteam das kuriose Geheimnis eines Gastes erraten.
    Das Rateteam besteht zurzeit aus Bernhard Hoëcker, Hubertus Meyer-Burckhardt, Stephanie Stumph und Wincent Weiss.
Quellen: Tribuna, BR, Wikipedia, Wunderweib
 
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Brian

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Da ich schon älter bin habe ich diese Ratesendung regelmässig verfolgt und geliebt.Heute würde man sagen das es nicht mehr zeitgemäss ist aber genau das war der Charme der Sendung wo für mich nie Langweile aufkam und nicht wie heute vieles überdreht wirkt.....
 
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