SteveJ
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"Berta, das Ei ist hart", "Das Bild hängt schief" und natürlich "Früher war mehr Lametta" sind längst geflügelte Worte in Deutschland geworden.
"Ach was?", hört man Loriot fast schon sagen.
Der Humorist hat einen zeitlosen Humor geschaffen, der generationsübergreifend sein Publikum findet.
Unter dem Namen Bernhard Viktor Christoph Carl von Bülow wird er am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren.
Ab 1927, nach der Trennung der Eltern und dem Tod der Mutter zwei Jahre später, wachsen Vicco (von Viktor abgeleitet) und sein jüngerer Bruder bei der Großmutter und Urgroßmutter in Berlin auf.
Dort und in Stuttgart besucht von Bülow das Gymnasium.
Schon damals fällt seinen Lehrern auf, wie gut der Schüler zeichnen kann.
Auch seine mimischen Qualitäten stellt von Bülow früh unter Beweis, indem er als Statist an der Stuttgarter Staatsoper und als Komparse beim Film arbeitet.
Von Bülow legt sich den Künstlernamen Loriot zu - das französische Wort für Pirol.
Der Vogel ist das Wappentier der Familie von Bülow - ein altes preußisch-mecklenburgisches Adelsgeschlecht.
Der Zweite Weltkrieg bringt auch für von Bülow eine Zäsur...
Er wird zum Kriegsdienst eingezogen und ist zuletzt Oberleutnant in einem Panzergrenadierregiment.
In seiner militärischen Personalakte ist dem Bundesarchiv zufolge unter anderem vermerkt, von Bülow habe eine "ausgesprochene mimische und darstellerische Begabung" und gebe einen "hervorragenden Unterhalter" ab.
Außerdem übe er gern Kritik, "auch an Vorgesetzten".
Überraschend sei aber, dass eine "klare" und "durchdachte" Befehlsgebung sowie ein "straffes" Auftreten vor der Front festgestellt worden seien, so das Bundesarchiv.
Eine nationalsozialistische Gesinnung hat von Bülow nicht.
In einem "Spiegel"-Interview berichtet er 2006 über "die später beschämende Erkenntnis, das Grauen des Krieges hingenommen zu haben". 😔
Nach dem Kriegsende vervollständigt er sein Notabitur und studiert auf Anraten seines Vaters von 1947 bis 1949 Malerei und Grafik an der Hamburger Landeskunstschule.
Im Anschluss zeichnet er schon bald Cartoons für den "Stern". Die Serie "Auf den Hund gekommen" führt jedoch zum Protest zahlreicher Leser.
Loriot hat in seinen Zeichnungen die Rollen von knollennasigen Menschen und Hunden vertauscht und stellt Fragen wie "Sollen wir uns einen Menschen halten oder nicht?".
Dieser Humor kommt im Nachkriegsdeutschland offenbar nicht an.
Der damalige Chefredakteur Henri Nannen sieht sich veranlasst, die Zusammenarbeit zu beenden.
Er soll laut "Spiegel" sogar getobt haben: "Ich will den Kerl nie wieder im 'Stern' sehen."
Doch der junge Verleger Daniel Keel, der soeben den Diogenes-Verlag gegründet hat, interessiert sich für Loriots Zeichnungen; 1954 bringen die beiden "Auf den Hund gekommen. 44 lieblose Zeichnungen" heraus.
Den Band, mit dem Loriots erfolgreiche Karriere beginnt.
Später wird die Zahl der Zeichnungen etwas reduziert. Mit dem Diogenes-Verlag arbeitet er zeitlebens zusammen.
Unterdessen sucht der "Stern" für seine Kinderbeilage nach Zeichnern, die kindgerechte Cartoons liefern können.
Die Wogen nach dem Rauswurf haben sich geglättet, Loriot darf entgegen Nannens früherem Willen wieder Zeichnungen anbieten.
Die Serie "Reinhold, das Nashorn" wird zu einem Erfolg.
Auch die Zusammenarbeit mit dem "Stern" läuft gut.
Die Serie wechselt von der Beilage zur Zeitschrift selbst. Die Kooperation dauert insgesamt 17 Jahre.
Außerdem arbeitet Loriot für "Weltbild" und "Quick".
Seine Knollennasenmännchen finden auch den Weg in die Werbung - und Loriots Arbeiten eine noch breitere Aufmerksamkeit.
Von 1967 bis 1972 moderiert der Humorist im Süddeutschen Rundfunk die TV-Sendung "Cartoon".
1971 erschafft er "Wum", den Zeichentrick-Hund, der zum Maskottchen der Aktion Sorgenkind (heute: Aktion Mensch) des ZDF wird.
"Wum" tritt in der Sendung "Drei mal Neun" und deren Nachfolger "Der Große Preis" auf.
Hinzu kommen später der Zeichentrick-Elefant "Wendelin" und dann der "Blaue Klaus", ein Außerirdischer mit fliegender Untertasse.
Alle drei Charaktere erfreuen sich großer Beliebtheit.
Bekannt ist Loriot zeitlebens dafür, dass er genau hinschaut, ein guter Beobachter ist. 🔍
"Kommunikationsgestörte" hätten es ihm besonders angetan, sagt er dem "Stern" zufolge einmal über sich.
"Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden."
Mir seinem Spürsinn für peinliche Situationen hält er dem deutschen Spießbürger den Spiegel vor.
Ob in seinen Zeichnungen oder als Bewegtbild: Loriot arbeitet in seinen Werken stets unverwechselbare Details heraus.
Zu sehen etwa im Trickfilm "Herren im Bad", in dem er die Gepflogenheiten zweier Männer in der Wanne auf absurde Art aufeinanderprallen lässt ("Ich lasse jetzt die Ente zu Wasser.") und die Streitigkeiten eskalieren lässt ("Ach, Sozi sind Sie wohl auch noch?").
Auch in einer sechsteiligen Sketch-Reihe bei Radio Bremen setzt Loriot auf Absurdität.
Legendär ist unter anderem der "Vertreterbesuch" von 1978 bei Frau Hoppenstedt.
Zu Herrn Blühmel vom Weingut Pahlgruber und Söhne ("Von deutschen Sonnenhügeln frisch auf den Tisch") gesellt sich erst Staubsaugervertreter Jürgens ("Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann."), dann Krankenversicherungsvertreter Schober ("Gnädige Frau, Sie haben Tarif B 12 mit Tagegeld und A 3 Zahnersatz.").
Der gemeinsame Genuss diverser Weine führt nicht nur zu nuscheliger Aussprache bei allen Beteiligten, sondern auch zu einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Situation, als Herr Hoppenstedt nach Hause kommt.
Die Sketche mit der "Nudel", dem "Kosakenzipfel" und dem "Jodeldiplom" ("Du dodl di! Dö dudl dö!' ist zweites Futur bei Sonnenaufgang.") sind ebenfalls Klassiker der Fernsehunterhaltung.
Bei letzterem gibt Loriot einen Reporter, der sich die Gründe fürs Jodeln von Kursteilnehmern erklären lassen möchte ("Da hab ich was Eigenes.")
Die Kritik an gesellschaftlichen Standards und Stereotypen, die Loriots Schaffen durchzieht, ist keine laute. Sie bleibt milde und charmant.
So als fühle er mit seinen Protagonisten mit. Das Scharfsinnige wird nicht gnadenlos, das Komische nicht vernichtend.
Die Fehler seiner Figuren finden Anklang beim Publikum. Denn: Es erkennt sich wieder.
Auch Loriot sagt einmal, ein nicht geringes Maß der Protagonisten würde in ihm selber stecken.
Nach dem Fernsehen wagt sich der an Klassik und Oper interessierte Loriot auch ans Kino.
Als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller dreht er den Film "Ödipussi", in dem er ein altes Muttersöhnchen mimt. 1988 kommt der Streifen heraus.
Drei Jahre später folgt "Pappa ante portas", ein Film über den anstrengenden Vorruheständler Lohse, der seiner Frau gehörig auf die Nerven geht.
Produziert werden beide Kinostreifen von Horst Wendlandt, der auch für die meisten Filme von Otto Waalkes und Hape Kerkeling verantwortlich zeichnet.
In beiden Filmen spielt seine kongeniale Dauerpartnerin Evelyn Hamann jeweils die weibliche Hauptrolle.
Mit ihr verbindet Loriot eine professionelle berufliche Beziehung mit großer gegenseitiger Wertschätzung.
Eigentlich hatte er für seine Sketch-Reihe "eine blonde, pummelige Hausfrau" gesucht.
Aber die hagere Brünette überzeugt ihn so sehr, dass das Duo lange Jahre zusammenarbeitet.
Als seine Kollegin 2007 im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines malignen Lymphoms stirbt, sagt Loriot:
"Liebe Evelyn, dein Timing war immer perfekt, nur heute hast du die Reihenfolge nicht eingehalten. Na warte ..."
Am 22. August 2011 stirbt der Humorist im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See.
Loriot hinterlässt seine Ehefrau Rose-Marie und zwei Töchter. Ganz Deutschland trauert. 🕯️
Im Fernsehen laufen mehrere Themenabende - auch im NDR. Vicco von Bülows Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Berlin-Charlottenburg.
Auf der Berlinale 2023 wird "Loriots große Trickfilmrevue" präsentiert.
Den Film haben von Bülows Töchter Bettina und Susanne zusammen mit Regisseur Peter Geyer produziert.
Dafür sind 31 Trickfilme - zwischen 1967 und 1993 ursprünglich fürs Fernsehen hergestellt - im Sinne Loriots behutsam neu gezeichnet worden, zum Teil erstmals koloriert und ins Kinoformat übertragen.
Dass die Werke des Humoristen auch heute über ein Jahrzehnt nach seinem Tod noch gefragt sind, liegt an ihrer Zeitlosigkeit.
Umweltverschmutzung und Konsumwahn, Atomkraft und Massentourismus, Macht und Marotten der Fernsehwelt, Frauenemanzipation und Generationenkonflikt.
In seiner "Rede an die Jugend", gehalten vor Neuimmatrikulierten der FU Berlin, gab er zu bedenken, wie verhängnisvoll es sei, "dass Eltern früher auf die Welt kommen als ihr Kind.
Dadurch entwickeln sie vorzeitig ein ungutes, durch nichts begründetes Überlegenheitsgefühl.
Kämen Eltern und Kinder gleichzeitig auf die Welt, wüchsen sie gemeinsam, in wohltuender Chancengleichheit in ihre Aufgaben hinein.“
Vor allem die von Loriot fein beobachteten Situationen von Paaren sind damals wie heute aktuell.
"Wahre Liebe mit Loriot" ist ein 2023 erschienenes Buch mit 150 Zeichnungen, in denen der Altmeister des Humors "Ratschläge zum formvollendeten Flirten, erfolgreichen Verloben und zur Wahl der richtigen Partnerin oder des passenden Gatten" präsentiert, wie es der Diogenes-Verlag beschreibt.
Ein paar seiner berühmtesten Sketche:
Dass er uns dennoch so nachsichtig und liebevoll zu betrachten verstand, dafür lieben wir ihn noch immer.
Loriot, für viele vergnügliche Stunden!
Quellen: NDR, FAZ, TAZ, T-Online, Bild, Wikipedia
"Ach was?", hört man Loriot fast schon sagen.
Der Humorist hat einen zeitlosen Humor geschaffen, der generationsübergreifend sein Publikum findet.
Unter dem Namen Bernhard Viktor Christoph Carl von Bülow wird er am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren.
Ab 1927, nach der Trennung der Eltern und dem Tod der Mutter zwei Jahre später, wachsen Vicco (von Viktor abgeleitet) und sein jüngerer Bruder bei der Großmutter und Urgroßmutter in Berlin auf.
Dort und in Stuttgart besucht von Bülow das Gymnasium.
Schon damals fällt seinen Lehrern auf, wie gut der Schüler zeichnen kann.
Auch seine mimischen Qualitäten stellt von Bülow früh unter Beweis, indem er als Statist an der Stuttgarter Staatsoper und als Komparse beim Film arbeitet.
Von Bülow legt sich den Künstlernamen Loriot zu - das französische Wort für Pirol.
Der Vogel ist das Wappentier der Familie von Bülow - ein altes preußisch-mecklenburgisches Adelsgeschlecht.
Der Zweite Weltkrieg bringt auch für von Bülow eine Zäsur...
Er wird zum Kriegsdienst eingezogen und ist zuletzt Oberleutnant in einem Panzergrenadierregiment.
In seiner militärischen Personalakte ist dem Bundesarchiv zufolge unter anderem vermerkt, von Bülow habe eine "ausgesprochene mimische und darstellerische Begabung" und gebe einen "hervorragenden Unterhalter" ab.
Außerdem übe er gern Kritik, "auch an Vorgesetzten".
Überraschend sei aber, dass eine "klare" und "durchdachte" Befehlsgebung sowie ein "straffes" Auftreten vor der Front festgestellt worden seien, so das Bundesarchiv.
Eine nationalsozialistische Gesinnung hat von Bülow nicht.
In einem "Spiegel"-Interview berichtet er 2006 über "die später beschämende Erkenntnis, das Grauen des Krieges hingenommen zu haben". 😔
Nach dem Kriegsende vervollständigt er sein Notabitur und studiert auf Anraten seines Vaters von 1947 bis 1949 Malerei und Grafik an der Hamburger Landeskunstschule.
Im Anschluss zeichnet er schon bald Cartoons für den "Stern". Die Serie "Auf den Hund gekommen" führt jedoch zum Protest zahlreicher Leser.
Loriot hat in seinen Zeichnungen die Rollen von knollennasigen Menschen und Hunden vertauscht und stellt Fragen wie "Sollen wir uns einen Menschen halten oder nicht?".
Dieser Humor kommt im Nachkriegsdeutschland offenbar nicht an.
Der damalige Chefredakteur Henri Nannen sieht sich veranlasst, die Zusammenarbeit zu beenden.
Er soll laut "Spiegel" sogar getobt haben: "Ich will den Kerl nie wieder im 'Stern' sehen."
Doch der junge Verleger Daniel Keel, der soeben den Diogenes-Verlag gegründet hat, interessiert sich für Loriots Zeichnungen; 1954 bringen die beiden "Auf den Hund gekommen. 44 lieblose Zeichnungen" heraus.
Den Band, mit dem Loriots erfolgreiche Karriere beginnt.
Später wird die Zahl der Zeichnungen etwas reduziert. Mit dem Diogenes-Verlag arbeitet er zeitlebens zusammen.
Unterdessen sucht der "Stern" für seine Kinderbeilage nach Zeichnern, die kindgerechte Cartoons liefern können.
Die Wogen nach dem Rauswurf haben sich geglättet, Loriot darf entgegen Nannens früherem Willen wieder Zeichnungen anbieten.
Die Serie "Reinhold, das Nashorn" wird zu einem Erfolg.
Auch die Zusammenarbeit mit dem "Stern" läuft gut.
Die Serie wechselt von der Beilage zur Zeitschrift selbst. Die Kooperation dauert insgesamt 17 Jahre.
Außerdem arbeitet Loriot für "Weltbild" und "Quick".
Seine Knollennasenmännchen finden auch den Weg in die Werbung - und Loriots Arbeiten eine noch breitere Aufmerksamkeit.
Von 1967 bis 1972 moderiert der Humorist im Süddeutschen Rundfunk die TV-Sendung "Cartoon".
1971 erschafft er "Wum", den Zeichentrick-Hund, der zum Maskottchen der Aktion Sorgenkind (heute: Aktion Mensch) des ZDF wird.
"Wum" tritt in der Sendung "Drei mal Neun" und deren Nachfolger "Der Große Preis" auf.
Hinzu kommen später der Zeichentrick-Elefant "Wendelin" und dann der "Blaue Klaus", ein Außerirdischer mit fliegender Untertasse.
Alle drei Charaktere erfreuen sich großer Beliebtheit.
Bekannt ist Loriot zeitlebens dafür, dass er genau hinschaut, ein guter Beobachter ist. 🔍
"Kommunikationsgestörte" hätten es ihm besonders angetan, sagt er dem "Stern" zufolge einmal über sich.
"Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden."
Mir seinem Spürsinn für peinliche Situationen hält er dem deutschen Spießbürger den Spiegel vor.
Ob in seinen Zeichnungen oder als Bewegtbild: Loriot arbeitet in seinen Werken stets unverwechselbare Details heraus.
Zu sehen etwa im Trickfilm "Herren im Bad", in dem er die Gepflogenheiten zweier Männer in der Wanne auf absurde Art aufeinanderprallen lässt ("Ich lasse jetzt die Ente zu Wasser.") und die Streitigkeiten eskalieren lässt ("Ach, Sozi sind Sie wohl auch noch?").
Auch in einer sechsteiligen Sketch-Reihe bei Radio Bremen setzt Loriot auf Absurdität.
Legendär ist unter anderem der "Vertreterbesuch" von 1978 bei Frau Hoppenstedt.
Zu Herrn Blühmel vom Weingut Pahlgruber und Söhne ("Von deutschen Sonnenhügeln frisch auf den Tisch") gesellt sich erst Staubsaugervertreter Jürgens ("Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann."), dann Krankenversicherungsvertreter Schober ("Gnädige Frau, Sie haben Tarif B 12 mit Tagegeld und A 3 Zahnersatz.").
Der gemeinsame Genuss diverser Weine führt nicht nur zu nuscheliger Aussprache bei allen Beteiligten, sondern auch zu einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Situation, als Herr Hoppenstedt nach Hause kommt.
Die Sketche mit der "Nudel", dem "Kosakenzipfel" und dem "Jodeldiplom" ("Du dodl di! Dö dudl dö!' ist zweites Futur bei Sonnenaufgang.") sind ebenfalls Klassiker der Fernsehunterhaltung.
Bei letzterem gibt Loriot einen Reporter, der sich die Gründe fürs Jodeln von Kursteilnehmern erklären lassen möchte ("Da hab ich was Eigenes.")
"Entschuldigen Sie, ich bin vom deutschen Fernsehen" - "Och, das tut mir leid, ich habe gar kein Kleingeld dabei."
Loriot als Reporter und die Reaktion einer Passantin
Die Kritik an gesellschaftlichen Standards und Stereotypen, die Loriots Schaffen durchzieht, ist keine laute. Sie bleibt milde und charmant.
So als fühle er mit seinen Protagonisten mit. Das Scharfsinnige wird nicht gnadenlos, das Komische nicht vernichtend.
Die Fehler seiner Figuren finden Anklang beim Publikum. Denn: Es erkennt sich wieder.
Auch Loriot sagt einmal, ein nicht geringes Maß der Protagonisten würde in ihm selber stecken.
Nach dem Fernsehen wagt sich der an Klassik und Oper interessierte Loriot auch ans Kino.
Als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller dreht er den Film "Ödipussi", in dem er ein altes Muttersöhnchen mimt. 1988 kommt der Streifen heraus.
Drei Jahre später folgt "Pappa ante portas", ein Film über den anstrengenden Vorruheständler Lohse, der seiner Frau gehörig auf die Nerven geht.
Produziert werden beide Kinostreifen von Horst Wendlandt, der auch für die meisten Filme von Otto Waalkes und Hape Kerkeling verantwortlich zeichnet.
In beiden Filmen spielt seine kongeniale Dauerpartnerin Evelyn Hamann jeweils die weibliche Hauptrolle.
Mit ihr verbindet Loriot eine professionelle berufliche Beziehung mit großer gegenseitiger Wertschätzung.
Eigentlich hatte er für seine Sketch-Reihe "eine blonde, pummelige Hausfrau" gesucht.
Aber die hagere Brünette überzeugt ihn so sehr, dass das Duo lange Jahre zusammenarbeitet.
Als seine Kollegin 2007 im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines malignen Lymphoms stirbt, sagt Loriot:
"Liebe Evelyn, dein Timing war immer perfekt, nur heute hast du die Reihenfolge nicht eingehalten. Na warte ..."
Am 22. August 2011 stirbt der Humorist im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See.
Loriot hinterlässt seine Ehefrau Rose-Marie und zwei Töchter. Ganz Deutschland trauert. 🕯️
Im Fernsehen laufen mehrere Themenabende - auch im NDR. Vicco von Bülows Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Berlin-Charlottenburg.
Auf der Berlinale 2023 wird "Loriots große Trickfilmrevue" präsentiert.
Den Film haben von Bülows Töchter Bettina und Susanne zusammen mit Regisseur Peter Geyer produziert.
Dafür sind 31 Trickfilme - zwischen 1967 und 1993 ursprünglich fürs Fernsehen hergestellt - im Sinne Loriots behutsam neu gezeichnet worden, zum Teil erstmals koloriert und ins Kinoformat übertragen.
Dass die Werke des Humoristen auch heute über ein Jahrzehnt nach seinem Tod noch gefragt sind, liegt an ihrer Zeitlosigkeit.
Umweltverschmutzung und Konsumwahn, Atomkraft und Massentourismus, Macht und Marotten der Fernsehwelt, Frauenemanzipation und Generationenkonflikt.
In seiner "Rede an die Jugend", gehalten vor Neuimmatrikulierten der FU Berlin, gab er zu bedenken, wie verhängnisvoll es sei, "dass Eltern früher auf die Welt kommen als ihr Kind.
Dadurch entwickeln sie vorzeitig ein ungutes, durch nichts begründetes Überlegenheitsgefühl.
Kämen Eltern und Kinder gleichzeitig auf die Welt, wüchsen sie gemeinsam, in wohltuender Chancengleichheit in ihre Aufgaben hinein.“
Vor allem die von Loriot fein beobachteten Situationen von Paaren sind damals wie heute aktuell.
"Wahre Liebe mit Loriot" ist ein 2023 erschienenes Buch mit 150 Zeichnungen, in denen der Altmeister des Humors "Ratschläge zum formvollendeten Flirten, erfolgreichen Verloben und zur Wahl der richtigen Partnerin oder des passenden Gatten" präsentiert, wie es der Diogenes-Verlag beschreibt.
Ein paar seiner berühmtesten Sketche:
- Herren im Bad
Der Sketch zeigt, wie zielsicher der Humorist für alle seine Figuren stets die richtigen pseudo-authentischen Namen wählte.
Dass die Herren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner heißen und sich einer elaborierten Sprache bedienen, macht den Streit um Wassertemperatur und Spielzeug ("Die Ente bleibt draußen") besonders komisch.
- Der Lottogewinner
Wenn die Kamera läuft, geht bei Laien schief, was für Profis kein Problem ist.
So auch beim fiktiven Rentner Erwin Lindemann (Heinz Meier), der fürs Fernsehen "nur" sagen soll, was er mit seinem Lottogewinn machen wird.
Bekanntlich bringt Lindemann die wenigen Sätze nicht ein einziges Mal fehlerfrei heraus, zwischendurch stellt er sich sogar verwirrt als "Erwin Lottemann" vor.
- "Weihnachten bei Hoppenstedts"
Dem Familienfest, bei dem Idyll und Irrsinn so nahe beieinander liegen, widmete Loriot den Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts", bei dem ein Heiliger Abend im Chaos endet: "Früher war mehr Lametta"
Mit dabei natürlich Evelyn Hamann.
- Die Nudel
Kleiner peinlicher Missgeschicke aller Art nahm sich der Humorist allzu gern an.
Hier stört ein Essensrest im Gesicht ein romantisches Abendessen zu zweit (ebenfalls mit Evelyn Hamann).
Berühmt geworden ist der Satz "Nein, sagen Sie jetzt nichts!".
Dass er uns dennoch so nachsichtig und liebevoll zu betrachten verstand, dafür lieben wir ihn noch immer.
Loriot, für viele vergnügliche Stunden!
Quellen: NDR, FAZ, TAZ, T-Online, Bild, Wikipedia
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