Warum Küssen uns glücklich macht...

SteveJ

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Am heutigen Samstag ist der internationale Tag des Kusses - ein schöner Anlass, seinen Liebsten einen dicken Schmatzer zu verpassen... 😘
Aber warum küssen wir überhaupt und wird eigentlich überall auf der Welt geküsst? :unsure:

Wer denkt, Hormone spielen nur im Teenager-Alter verrückt, liegt falsch. Schon ein einfacher Kuss kann uns auf Hochtouren bringen. :love:
Küssen setzt chemische Reaktionen im Körper frei – und ist auch noch gesund. Aber warum fühlt sich Küssen eigentlich so gut an? :unsure:

Schnell merkt man beim Küssen: Das passt – oder eben nicht.
Unbewusst testen wir dabei unser Gegenüber und finden so heraus, ob man genetisch kompatibel ist. :oops:

Julia Zwank ist Professorin für Entwicklungspsychologie an der SRH Fernschule in Riedlingen.
Sie erklärt:
“Es wird angenommen, dass durch den Austausch von Speichel und Pheromonen wichtige Informationen über den Gesundheitszustand und die genetische Eignung des Partners oder der Partnerin übertragen werden.
Forschende haben sogar herausgefunden, dass die DNA des Partners nach einem intensiven Kuss selbst nach einer Stunde noch im Mund des anderen bleibt.“


Viel küssen hilft auch gegen Stress​

So viel zu Verbundenheit. Aber was genau passiert denn nun beim Küssen?
Laut der Medizinischen Universität in Graz schütten Streicheleinheiten oder Küssen die Neurotransmitter Serotonin und Oxytocin, das sogenannte “Kuschelhormon“, aus.
Letzteres kann soziale Bindungen vertiefen und Zugehörigkeit fördern. :)
Oxytocin steuert nicht nur Emotionen, sondern schafft ein Gefühl der Geborgenheit.
Das Ausschütten von Oxytocin entspannt, beruhigt den Atem. Küssen macht glücklich – und locker.

Julia Zwank zufolge wirkt Küssen sogar belohnender, als sich beim Shoppen etwas Schönes zu gönnen:
“Materielle Dinge aktivieren das Belohnungszentrum zwar auch, allerdings nur kurz“, erklärt die Professorin.
Zwanks ultimativer Tipp: der Sechs-Sekunden-Kuss.
Denn dieser führe zu einer besonders hohen Ausschüttung an Oxytocin und somit zu einem “Gefühl von psychologischer Sicherheit, Verbindung und Bindung“.

Der Botenstoff Oxytocin kann aber noch viel mehr.
Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum schreibt, vermindert das “Kuschelhormon“ auch Angstgefühle und lindert Schmerz.
Zwank bestätigt:
“Es wurde untersucht, dass Küssen helfen kann, die Cortisolspiegel (Stresshormone) im Körper zu senken.
Chronisch erhöhtes Cortisol führt zu Angstzuständen, unter denen zunehmend viele Menschen leiden. Küssen hilft, die Ausschüttung dieses Hormons und damit die Stresslevel zu reduzieren.“


Auch das Immunsystem wird gestärkt – solange der Küssende nicht erkältet ist. 🤧
Ein einziger Kuss könne bis zu 80 Millionen Bakterien übertragen, erklärt Zwank. :eek)

Aber keine Panik, das bedeutet keinen Ekelalarm. ;)
Vielmehr helfen die im Speichel enthaltenen Enzyme und Antikörper, Viren abzuwehren.
Und wer einmal nicht ins Fitnessstudio gehen oder sich aufs Rennrad schwingen möchte, kann durch leidenschaftliches Küssen Kalorien verbrennen – immerhin bis zu 20 Kalorien in der Minute.
Denn beim Küssen werden 34 Gesichtsmuskeln benutzt.

Nicht auf der ganzen Welt wird geküsst​

In Deutschland ist das Küssen auf den Mund weit verbreitet – zur Begrüßung, Verabschiedung oder als romantischer Kuss bei Verliebten.
Und in beinahe jedem Filmklassiker fallen sich die Hauptcharaktere am Ende in die Arme und auf die Lippen. :)

Doch nicht in allen Kulturen wird geküsst. Zumindest nicht Lippen auf Lippen.
Das haben Justin Garcia und seine Kollegen von der US-amerikanischen Universität Indiana herausgefunden.
Das überraschende Ergebnis: Romantisches Küssen ist keineswegs universell...

Bei einem Vergleich von 168 kulturellen Regionen wurde in lediglich 77 geküsst, in 91 gab es keine Kuss-Befunde.
Besonders in Zentral- und Südamerika sowie in Afrika werde kaum geküsst, heißt es in der Studie, in Nordasien und Europa dagegen viel und häufig.
Wieso das? :unsure:

Garcia vermutet den westlichen Ethnozentrismus als Grund, also die Annahme, dass jeder das macht, was wir auch machen.
Und so umgeben wir uns mit romantisch küssenden Menschen, nicht ahnend, dass es Kulturen gibt, die nicht küssen.
Wie Hektor Haarkötter, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und Buchautor (“Küssen: Eine berührende Kommunikationsart“, S. Fischer-Verlag), erklärt, ist das Küssen eine Art der Kommunikation im globalen Norden – im globalen Süden würden eher andere Kommunikationsformen verwendet.
In weiten Teilen Asiens und in Afrika werde Küssen mitunter sogar als “ungewöhnlich, unstatthaft oder manchmal sogar geradewegs als eklig“ angesehen, sagt Haarkötter.
Nur weil die eigene Umgebung etwas ausübe, heiße das noch lange nicht, dass das auf der ganzen Welt so gilt.

Küssen ist laut Haarkötter Kommunikation.
Was aber, wenn ein ungewollter Kuss passiert, wie etwa bei Jennifer Hermoso durch Luis Rubiales bei der WM-Siegerehrung der spanischen Frauennationalmannschaft im vergangenen Jahr?
Als Folge des Kuss-Skandals musste Rubiales zurücktreten. Ein Kuss sei das aber gar nicht gewesen, sagt Haarkötter. Eher ein Übergriff...
“Ein Kuss geht nur in gegenseitigem Einvernehmen. Niemand kann einem anderen Kommunikation aufzwingen.“
Wenn man im Urlaub auf Französisch angeschrien wird, obwohl man gar kein Französisch spricht, kommt ja auch keine Kommunikation zustande. ;)

Der romantische Kuss ist 5000 Jahre alt​

Auch in der Tierwelt gibt es Kommunikationsformen, die ans Küssen erinnern.
Vogelmütter zum Beispiel füttern ihre Kinder von Schnabel zu Schnabel, Fische schieben sich Lippe auf Lippe spielend im Wasser herum – und Elefanten verwickeln ihre Rüssel ineinander.
Woher kommt das Küssen also? :unsure:

Nicht aus der Tierwelt. Laut Haarkötter ist der Kuss etwas historisch Menschliches.
Es gebe die Vermutung, dass vor 5000 Jahren im Kaukasus zum ersten Mal romantisch geküsst wurde und sich der Kuss “mit bestimmten Migrationsbewegungen in Teile der Welt verbreitet hat“.
Dass nicht alle Menschen küssen, spreche “sehr stark dagegen, dass der Kuss etwas Biologisches oder Angeborenes ist“.

Dass Küssen romantisch ist, das galt in der Forschung übrigens nicht immer.
Der österreichische Psychoanalytiker Sigmund Freud zum Beispiel (1856–1939) stand dem Kuss ablehnend gegenüber. :neinneinnein.gif)

Haarkötter: “Sigmund Freud zählt den Kuss zu den sexuellen Perversionen.“ :eek)
Küssen sei laut Freud lediglich “die Berührung der beiderseitigen Lippenschleimhaut und damit des Eingangs zum Verdauungskanal“ und sei “eigentlich genauso abartig wie Sadomasochismus“.
Freud konnte sich mit seiner Haltung in der Gesellschaft zum Glück nicht durchsetzen... ;)

Doch: Das Küssen werde weniger, komme seltener vor, sagt Haarkötter.
“Früher sind die Menschen ins Kino gegangen, um anderen Menschen beim Küssen zuzusehen.“

Aber auf der Leinwand werde immer weniger geküsst. Das stehe symbolisch für die abnehmende Bedeutung des Kusses.
Zeit also, den Kuss neu zu entdecken. Denn wie gesagt: Küssen ist gesund und macht glücklich. :love:
 
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