Tsunami in Asien vor 20 Jahren: Ein Schmerz, der nicht vergeht

SteveJ

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Vor genau 20 Jahren traf ein verheerender Tsunami die Küsten mehrerer asiatischer Länder.
Im Indischen Ozean ereignet sich ein heftiges Seebeben, eines der stärksten Beben, das jemals aufgezeichnet wurde.
Das Wasser an den Küsten von Sri Lanka, Thailand oder Indonesien zieht sich erst zurück und kommt dann mit voller Wucht wieder.
Für die meisten zuerst vollkommen unbemerkt bäumt sich an der Küste eine riesige Welle auf.
Aus einem Urlaubsparadies unter Palmen wird ein schreckliches Katastrophengebiet.
Etwa 230.000 Menschen starben, unter ihnen auch Hunderte Deutsche... :cry:

Wie blicken die Überlebenden zurück? :unsure:


Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag 2004, kurz nach neun Uhr morgens. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau.
Ben Flegel ist mit seinen Großeltern im Urlaub im Norden von Khao Lak in Thailand. Er ist damals 15 Jahre alt.

Die drei machen sich nach dem Frühstück auf den Weg an den Strand.
Sie sind gerade am Wasser angekommen, da bemerkt Ben, dass er sein Handtuch vergessen hat. Der 15-jährige läuft allein zurück zum Hotel.
"Alle haben plötzlich angefangen zu schreien und sind gerannt. Ich wusste aber gar nicht warum."

Als er seinen Bungalow erreicht, dringt das Wasser bereits dort ein - sein Zimmer füllt sich innerhalb von Sekunden mit Wasser. :eek:
Er verletzt sich schwer am Knie und am rechten Fuß, verliert viel Blut.
"Und in dem Moment habe ich wirklich gedacht: Okay, das ist der letzte Moment meines Lebens", erinnert er sich heute.

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Nicht weit entfernt, auf der thailändischen Insel Kho Phi Phi, ist die Lehrerin Simone Jasch-Kobusch im Urlaub mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern, drei und vier Jahre alt.
"Der Tag fing damit an, dass es ganz fürchterlich rumort hat."

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Das "Rumoren" war ein Erdbeben der Stärke 9,1 (bis zu diesem Zeitpunkt drittstärkste gemessene Beben)... :eek)
Um 7.59 Uhr (Ortszeit, 1.59 Uhr MEZ) entlud sich die Spannung zwischen der Indisch-Australischen und der Eurasischen Platte auf einen Schlag.
Die Erdkruste riss auf einer Länge von 1.200 Kilometern auf. Es kam zu einem Megabeben – so der auch wissenschaftlich korrekte Terminus.
Der bisher verheerendste Tsunami der Geschichte rast unter Wasser mit einer Geschwindigkeit von bis zu 800 km/h los auf die Küsten von 14 Ländern zu.

Bereits 20 Minuten nach dem Erdstoß erreichten mit kurzen Abständen drei Flutwellen die nordwestliche Provinz Aceh auf Indonesiens Nordinsel Sumatra.
War die erste Welle noch relativ niedrig, erreichten die beiden darauffolgenden Wellenwände Höhen zwischen zehn und 20 Metern.
In engen Buchten stiegen die Wassermassen stellenweise sogar auf bis zu 30 Meter. :eek:
Etwa 230.000 Menschen werden an diesem Tag ums Leben kommen... 😔

Zehntausende Menschen wurden innerhalb kurzer Zeit in den Tod gerissen.
Die schwarz brodelnden Wassermassen drangen kilometerweit ins Landesinnere ein, ließen Gebäude wie Kartenhäuser zusammenstürzen und rissen alles mit, was sich ihnen in den Weg stellte.
Allein in der Provinzhauptstadt Banda Aceh kamen über 25.000 Menschen ums Leben – rund ein Zehntel der gesamten Bevölkerung.
In ganz Indonesien starben laut offiziellen Opferzahlen mehr als 130.000 Menschen. Die tatsächliche Totenzahl wird auf über 160.000 geschätzt.

Rund eine Stunde nach Sumatra wurden die Strände im Süden Thailands von der Flutwelle getroffen – darunter die bei ausländischen Touristinnen und Touristen beliebten Orte Khao Lak, Ko Phuket und Ko Phi Phi.
Rund 5.400 Menschen kamen ums Leben, die Hälfte von ihnen Ausländer aus insgesamt 37 Nationen.
Insgesamt starben in ganz Thailand rund 8.000 Menschen in den Fluten.

Auch hier wurden die Menschen von dem Tsunami vollkommen überrascht.
Dass sich das Wasser kurz vor dem Eintreffen der Riesenwellen vom Strand zurückgezogen hatte, hatte nur die wenigsten ernsthaft beunruhigt.
Videoaufnahmen von Urlauberinnen und Urlauber zeigen, dass viele die überraschende Ebbe vielmehr als faszinierendes Naturschauspiel betrachteten.
Auf Fotos und Bildern hielten Urlauberinnen und Urlauber auch die danach einbrechende Sturmflut fest.
Bis heute prägen vor allem solche Bilder die Erinnerung an den Tsunami.

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Das große Glück von Simone Jasch-Kobusch an diesem Tag: "Wir hatten einen Fischer mit einem Boot gemietet, um so ein Inselhopping zu machen auf die Nachbarinseln."
Die Familie ist zum Zeitpunkt des Bebens weit draußen auf dem Meer.
Ihr kleines Holzboot wird nur einmal leicht hochgehoben - der Tsunami, auf offenem Meer im Prinzip ungefährlich, zieht einfach unter ihnen hinweg.

Erst als sie am Nachmittag zurückfahren auf die andere Seite der Insel, sehen sie das Ausmaß der Katastrophe an der Küste. 😱
Von ihrem Bungalow, der ganzen Urlaubsanlage, ist nichts mehr übrig.
Sie haben nur ihre Badesachen, die Schwimmwesten der Kinder und eine Kreditkarte.
Mit der können sie sich später einen Heimflug nach Deutschland kaufen.

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In Khao Lak kann sich der 15-jährige Ben Flegel aus seinem überfluteten Zimmer befreien.
Später erfährt er, von 750 Menschen im Hotel, Gästen und Mitarbeitern, haben nur etwa 50 überlebt.
Er wird später in einem Krankenhaus in der Nähe notdürftig genäht. Das Erlebte habe er gut verarbeitet.
"Also auf eine Art klingt das paradox, aber es hat mich sehr gestärkt, weil ich mich entschieden habe, wirklich sehr bewusst zu leben."

Der Tod seiner Großeltern ist allerdings ein Schmerz, der nicht vergeht. Auch der erste Urlaub danach am Meer war schwer, vor allem das Geräusch:
"Wenn man einmal gehört hat, wie so ein Meer einen Wald einreißt und einen Fluss und Erde und Häuser zerstört, das ist schon sehr laut."

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Lehrerin Jasch-Kobusch ist bis heute dankbar, dass ihre ganze Familie wie durch ein Wunder dieses Unglück überlebt hat.
Sie versucht schnell zurück in ihr normales Leben zu kommen, verdrängt das Erlebte, die Zerstörung, die Leichenberge.

Doch die Erinnerungen prägen sie bis heute.
"Wenn wir in Urlaub gefahren sind, habe ich möglichst ein Hotel gebucht, was oben auf einem Berg war.
Und wenn ich wieder nach Thailand gefahren bin, geflogen bin, habe ich immer geschaut wo sind die Evakuierungshinweise.
Ich würde auch nicht auf die Malediven fliegen, weil es mir zu flach ist. Das sind schon Ängste, die da geblieben sind von diesem Tag."


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Der Tsunami von 2004 war nicht die erste tödliche Katastrophe dieser Art im Indischen Ozean. Verheerungen wie 2004 aber waren beispiellos.
Dennoch wurde schnell klar, dass viele Tote wohl durch ein funktionierendes Frühwarnsystem verhindert werden hätten können.

In den Jahren nach der Katastrophe wurde ein solches mit internationaler Beteiligung installiert.
Stark gefordert wurde das System bisher noch nicht. So starke Erdbeben wie zu Weihnachten 2004 sind statistisch gesehen aber auch sehr selten.
Sie kommen nur etwa alle 400 bis 700 Jahre vor...

Quellen: Tagesschau, SWR, ORF, Wikipedia
 

TNT

Sprengmeister
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Einer der Tage....man weiß noch genau wo man war als man davon erfahren hat. Wie bei 9/11 usw. :(
 
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